Objekt, Objektiv und Objektivität - (I)

28.08.2013 16:37

 

Objekt, Objektiv und Objektivität

 

Stellen Sie sich vor, Sie könnten ein Objektiv vor ihr Bewusstsein schrauben. Was würden sie sehen, was anders wahrnehmen? Würden sie dann ihre subjektive Sichtweise überwinden oder verbessern, oder wäre sie nicht ganz und gar trotzdem subjektiv verfälscht? Müsste nicht ihr Bewusstsein selbst ein Objektiv werden?

Objektiv, als Adjektiv und als Substantiv, kommt von Objekt. Auch Objektivität rührt daher. Objektivität ist eine Grundstruktur unserer, modernen Informationsübertragungsgesellschaft. M. E. gehen viele Probleme mit diesem Status einher. Worauf zeigen wir, wenn von Objektivität die Rede ist? Jedenfalls nicht auf Kameras oder Objekte.

Es gibt keine Objektivität: Dies ist die These dieses Textes. Das Vorangehende Gedankenexperiment sollte dies veranschaulichen. Um dies zu beweisen, müssen wir einigen Fragen stellen. Was aber ist überhaupt ein Objekt?

Menschen und Objekte sind Objekte. Ein Subjekt kann ich ge-brauchen, es zum Objekt machen, degradieren, ver-objekt-ivieren. Ein Objekt kann ein Gegenstand, eine Position (ein Wort als Abstraktion) in einem Satz, Sprache, eigentlich alles sein. Alles sind Objekte. lles ist Objekt, objektivierbar - durch das Medium "Sprache". Die gesamte Welt mit all ihren Inhalten kann als ein Objekt gelten, wenn mereologisch die Erd als Teil des Universums ansehen will. Damit ist aber unsere erste Frage nicht beantwortet.

Be-gehen wir den philosophischen Weg, kommen wir der »Sache« schon näher. Das wohl philosophische Objekt lässt sich aus dem Lateinischen beziehen: Obiectum. Was aber ist ein »Obiectum«? Setzen wir (in eine andere Sprache, Bedeutung) über, er-halten wir folgende Be-deutung (als Deutung): Vorwurf, Entgegenstellen und Entgegenwerfen. Das davon abgeleitete Verb ist »obicio«, sich entgegenstellen, werfen, stürzten auf und vorhalten, erscheinen – hier sind wir schon im Gesichtsfeld der Phänomenologie. Objekte haben also mit unseren Vorstellungen zu tun, denn es sind die Dinge, die sich uns vor stellen und sich vor uns stellen und die wir uns vor-stellen. Objekte sind aber Dinge, die sich weder uns aktiv in den Weg stellen noch passiv von uns vor-ge-funden werden, sie sind keine Funde. Dinge sind Wahrnehmungen in unseren Bewusstseinsakten, sie korrelieren. Ich werde also von der phänomenologischen Sichtweise aus starten und argumentieren, aber auch zeigen, dass andere Sichtweisen nicht zur illusionären und gewünschten Objektivität führen – obgleich es eine spezielle Form der Objektivität gibt. Argumentieren hingegen werde ich für Subjektivität und eine objektive (als objektivere) Subjektivität, die ich auf Quantifizierungen zurückführen und begründen werde. So wird auch zu klären sein, was ein Subjekt und Subjektivität ist.

Ein Objekt "denkt" nicht, es redet auch nicht, es macht keine Wissenschaft; Subjekte machen das. Subjekte reden, machen Wissenschaft und denken über Objekte nach. Selbst wnn wir einen Tisch als Objekt bezeichnen wollen - es tangiert den Tisch nicht. Die Erkenntnis selbst kann das Objekt sein oder der Tisch als Objekt, der vor mir steht, wird erkannt, und wir somit zu (m)einer Erkenntnis.