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24.04.2016 01:06

539) Scheißheit des Tages

24.04.2016

"Der Kampf um den rechten Ausdruck zeigt uns ganz unmittelbar den Verlust der Unmittelbarkeit."

29.09.2013 14:00

2) Scheißheit des Tages

29.09.2013

Wenn ich groß bin, benennen Sie eine psychische Störung nach mir ...

08.06.2013 20:56

Die Smiths vs. Brangelina - Wer macht die schlechteren Filme?

29.05.2013 23:52

Zwischen Elend und Elend ist Elend zu erwarten ...

Misery is all I see, all I see is misery ...

Als Siddhartha sich auftat die Welt zu erkunden, vielem ihm 3 Sachen auf. Die erste war, dass überall Elend herrschte. Dann sah er Kranke, die überall herum wimmelten, jammerten und litten. Und auch Tote sah er und wurde erschrocken; er wusste nichts von der Sterblichkeit: Elend, Krankheit und Sterblichkeit waren allgegenwärtig und das erste, was er sah, als er in die Welt ging.                                                                                                                                                                                  Daraufhin setzte er sich unter einen Baum und meditierte. Heute lieben wir die Krankheit, die Krankheit des Anderen – wir genießen sie aus Distanz, manchmal sogar also unmittelbare Imitation, dann husten wir und genießen die Mittel der Medien.

Manchmal glaube ich die Elend-Brille zu tragen. Sehe nur ich das Elend? Oder ist es wirklich überall, allgegenwertig. Die Krankheit überwinden wir mit Hilfe der Technik. Denn wir sind der (zukünftige) Übermensch. Die Sterblichkeit aber vertuschen wir, sperren sie weg. Doch daraus erfolgt eine Maximierung des Elends, die ihres Gleichen sucht.

E-lend?

ά-θλιος?

 Kann ich diese Brille abnehmen? Nein, Elend sieht Elend, doch man ist blind für das eigene Elend: Die letzte Konsequenz des Übermenschen ist das ertragen des Elends der Anderen, der radikale Subjektivismus, plurale Lebenswelten; Meinungen über Meinung; u.s.w ...

 

23.05.2013 23:23

2.2 Der Ausgangspunkt oder die einfache Technik: Natur, Mensch, Kultur und Medien

„Wir denken nicht, wir googeln.“[1]

Noch bevor der Mensch aus seiner angeblich „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ ausgetreten ist, trat er im Mittelalter aus der Abhängigkeit der Natur heraus, nach dem er sich als deren Gestalter verstanden hatte. Doch schon kurz darauf, verstand er sich als Herrscher über sie. Nun interagierte er nicht nur mit der Natur, er intervenierte.                                                                                                                                                                Natur 1 (oder einfach Natur) → Die Welt, also alles was der Fall ist, nur ohne uns.

Natur 2 → Die Kultivierung der Natur durch uns, als auch Selbstkultivierung.

Natur 3 → Die geschaffene, virtuelle Realität, aus der Selbstkultivierung (Natur nur noch als Imitation).

Von der Natur entfremdet, bleiben wir aber doch Teil dessen. Dennoch haben wir uns eine dritte Haut geschaffen. Werden wir uns auch von ihr entfremden?                                                                                                                                                                        Hinzukommt, dass Medien sich zunehmend selbst  thematisieren – was sich in Medienhypes,  in übersteigerter Medialität und in dem Begriff der Massenmedien äußert. Schließlich sind Medienlügen nun selbst Teil medialer Berichterstattung. Daher sind zwei Definitionen ratsam:

1) Eine Definition von dem Begriff „Medien“ ist schwierig, daher gibt es auch keine eindeutige, dass sagen sogar die Wissenschaften, die sich mit Medien auseinandersetzen. Bei dem Begriff der „Massenmedien“ sieht es nicht anders aus: „M. ist ein Sammelbegriff für alle audiovisuellen Mittel und Verfahren zur Verbreitung von Informationen, Bildern, Nachrichten etc. Zu den Massen-M. zählen insbesondere die Presse (Zeitungen, Zeitschriften), der Rundfunk (Hörfunk, Fernsehen) und in zunehmendem Maße auch das Internet.“[2]

Und Massenmedien: „[O]ft auch Mainstream-Medien, gemeint sind Zeitungen, Zeitschriften, Radio und Fernsehen – also die traditionellen, vor-digitalen Medien, die seit Jahrzehnten die öffentliche Meinung bestimmen.“[3]                                                                                                                                                                        Auch wenn das „bestimmen“ einen Nachgeschmack mit sich zieht, haben wir immer ein Was als „Trägersysteme zur Informationsvermittlung“[4] gewonnen. Es wird also etwas vermittelt. Was ist eigentlich egal, ob nun objektive Tatsachen oder Unterhaltungsindustrie, egal, weil sich diese eigentlichen Gegensätze längst vermischt haben. Oder phänomenologisch gesagt: Es ist egal ob der Gegenstand für mich tatsächlich da ist, der Gegenstand naturalistisch, also faktisch gegeben ist, oder ob ich von ihm träume. Die Empfindungen sind ja trotzdem da. Dies produziert Affekte. Bilder produzieren Affekte, Affektbilder mehr als (stille) Bilder - und dies wiederum Emotionen. Die „Medienmacher“ wissen das. Dieses Wissen ist aber ein gefährliches. Diese Technik birgt etwas in sich gefährliches[5].

2.3 Eine kleine Geschichte der Technikphilosophie

„Kaufen und Verkaufen gilt jetzt als gemein wie die Kunst des Lesens und Schreibens; jeder ist jetzt darin eingeübt, selbst wenn er kein Handelsmann ist, und übt sich noch an jedem Tage in dieser Technik: ganz wie ehemals, im Zeitalter der wilderen Menschheit, jedermann Jäger war und sich Tag für Tag in der Technik der Jagd übte.“[6]

Der Begriff „Technikphilosophie“ ist weder neu noch alt. Ähnlich wie Baumgarten mit seiner Philosphica Aesthetica[7] die Ästhetik zur philosophischen Disziplin erhoben hatte – und man muss sagen: zum Glück - tat dies Ernst Kapp[8], ein Hegelianer, mit der Technik. Doch wie immer wurde schon in der Antike über dieses Thema deliberiert. Über Kapp gelang dieses Thema dann in die Hände der philosophischen Anthropologen, die den Menschen als Mängelwesen be-stimmten; die nun hippe Kritik an der Technik war so etwas wie ein gefundenes Fressen für sie und dieser Trend ging sogar bis zum Literaturwissenschaftler und Medienphilosophen McLuhan. Über Scheler, Plessner und Gehlen gelang diese Debatten in die Hände der Frankfurter Schule und zu den Existenzialisten sowie Phänomenologen bis hin zur ausgeprägten Kulturkritik Heideggers. Aber auch Blumenberg und Marx widmeten sich diesem Thema, dass sogar Debatten von Heute anheizt, was eigentlich so weit geht, dass m. E. eine technizistische Evolutionsphilosophie[9] entstehen wird – neben der Sprach, Medien und Kulturphilosophie (sowie natürlich der oft vergessenen Technikethik).  Daher soll eine Tabelle zur Verdeutlichung folgen, da ja gerade die Geschichte – hegelianisch-dialektisch – das dialektische der Technik offenbart:

 

Autor

Werk

Was

Problem

Bes.

Jahr

 

 

 

 

 

 

Platon

Timaios, Politeia u.  Nomoi

Technik noch in seiner ursprünglicheren Bedeutung

einseitig

Wissen von etwas …

μπειρία

ca. 365-348 v. Chr.

Aristoteles

Nikomachische ethik

Technik wird differenziert

In Abgrenzung zu Sophisten

Wissenschaftliche Methode,

φρόνησις

322 vor Chr.

Magnus

De homine

opus und artificium

Theologie

Aristotelismus verbreitet

ca. 1240

Leibnitz, Hegel

Theodizee,Wissenschaft der Logik

Homo faber

Theodizee

Technik als Innovation/Arbeit/Erfindung, vorbe. Entfremdung

1710, 1812-16 bzw. 1831

Kapp

Grundlinien einer Philosophie der Technik

»Organprojektion«

Anthropologisierung, metaphorisierung

Nachahmungskultur, Bereitet Gehlen u.s.w. vor

1877

Nietzsche

Fröhliche Wissenschaft, Götzen(-)dämmerung

Anthropologische Definition: Mensch als nicht festgestelltes Tier

Technik ist Notwendig, W z M, Übermensch

Notwendigkeit

1882,87 u. 1889

Marx

Das Kapital

Technik als komplexes Artefakt, Menschneersatz

Arbeit

Entfremdung

1867

Gehlen, Plessner u. Scheler

Der Mensch, seine Natur und seine Stellung in der Welt, Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philosophische Anthropologie u. Die Stellung des Menschen im Kosmos

Mensch als Mängelwesen

Transzendenz

Anthropologie

1950,1928 u.  1928

Cassierer

Form und Technik

Mündigkeit

Anderes Verhältnis zur Natur

Symbolismus

1930

Blumenberg

Wirklichkeiten, in denen wir leben

Defizientes Verhältnis von Natur und Technik

Übertragung

Theodizee

1981

Frankfurter Schule

Dialektik der Aufklärung (unteranderen)

Kulturkritik bzw. Kritische Theorie

Herrschaftscharakter

Instrumentalisierung der Vernunft

1947

Sprengler, Fromm

Der Mensch und die Technik, Haben oder Sein

Technik als Strategie, Kritik am Fortschritt

Grundprinzip (ähnlich wie bei Schopenhauer).

Lebensphilosophie

1931,1976

Heidegger

Sein und Zeit, Die Frage nach der Technik

Technik als Entfremdung, Seinsvergessenheit und Abstraktum

Bereitet Umweltethik vor

Mensch als Ressource

1927,

1950

Jonas

Das Prinzip Verantwortung

Mittelmaß finden

 

Unüberschaubarkeit

1979

Krämer, McLuhan

Bild - Schrift – Zahl,

The Extensions of Man

Kulturtechnik

 

„Linguistic turn“

2008

Böhme

Invasive Technisierung: Technikphilosophie und Technikkritik

 

Materielles Dispositiv

Transgression der Technik

Wahrnehmung

2008

 

Was sich deutlich aus der Tabelle herauslesen lässt, ist ein immer komplexerer Begriff, als auch Umgang mit der Technik, was ich schon im Vorwort skizziert hatte. Was früher noch Kunsthandwerk war, und man muss die „Hand“ betonen, konnte auf seinen jeweiliges Gebiet gebracht werden, auch wenn die schon da ein ausgedehnter Begriff – ausgedehnter als heute.                                                                                                                                                                          Heute aber wird jeder Aspekt, der durch Technik oder technisch offengelegt wird, der Technik unter die Lupe genommen. Allein daraus lässt sich der Kampf ablesen, den die Technik führt, indem die langsam, ganz langsam, wie eine Krankheit, in alle Facetten hervordringt. Auch Böhm spricht ja von einer Invasion. Da sie einen großen Erfolgs- als auch Aufmerksamkeitsraum einnimmt und ihr Erfolg im Vordergrund steht, ihr Funktionieren, ist ihr Scheitern unmöglich. Gerade sie nährt sich ja von der Verbesserung, Aktualisierung, Zweckentfremdung und dem Fortschritt. Sie dient sogar als Begründungsmodell: Warum starben sie Menschen im Mittelalter so schnell? Nun, die hatten ja nicht die technischen Mittel von heute.

 

„Jeder Wassertropfen ist ein Schlachtfeld, und wir, die den Kampf auf dem Lande so beständig vor Augen haben, daß wir seine Selbstverständlichkeit, ja sogar sein Vorhandensein vergessen, sehen heute mit Grauen wie phantastische Formen der Tiefsee das Leben des Tötens und Getötetwerdens führen.“[10]

 

 

 

 

  1.  Moderne Technik und die Medien als Technik

3.1 Was ist und sind ein Medium, die Medien?

 

„Technik ist ein grundlegender Faktor der Alltäglichkeit geworden.“[11]

Der Mensch ist in eine technisierte und technizistische Welt ge-worfen: Die Soziologie spricht  von Digital Natives[12]. „Wir leben schon immer in einer Welt von praktischen Bezügen (…), d.h. im Umgang in der Alltäglichkeit.“[13] Nicht im Wald, sondern im Krankenhaus kommen wir zur Welt, stecken von Anfang an neben und in technischen Apparaten – in einem System aus zusammenhängenden Informationen. Unsere Daten sind heute unser Eigentum und wir sind erpicht darauf, diese zu schützen. Und schon bevor wir überhaupt zur Welt kommen, sind wir (ob 3-dimensional oder gar 4-demensional) medial als Ultraschallbild vermittelt. Doch um  Apparate soll es mir nicht gehen.  Dabei sind keine Artefakte gefragt, die längst als Alltagsgegenstände bekannt sind, auch keine Kernkraftwerke, die besonders wichtig für Heideggers Auffassung von „Moderner Technik“ und die den meisten Menschen eher aus dem Fernseher bekannt sind, sondern die technischen Errungenschaften, die unseren Alltag erleichtern, indem sie simple und überschaubare Prozesse erleichtern und beschleunigen: Wir kommen besser, schneller, einfacher und eben auch günstiger ans Ziel (unserer „selbst“ gesetzten Zwecke): Komplexe Prozesse werden heruntergerbrochen und einfach gemacht; auf eine Wahrnehmungsebene gezogen. Ist das so?                                                         Nun sind Medien aber auch etwas Technisches. Schon Schrift ist Technik. Es gibt keine Medien ohne Technik. Keine Medium, das nicht technisch ist. Nicht nur weil man Tonnen an Elektronik mobilisieren und verarbeiten muss, damit Licht aus fremden Gegenständen strahlt oder um eine schlichte Zeitung zu drucken, auch sie beschleunigen das Erhalten von Informationen. Wir müssen, einfach gesagt, nicht mehr das Haus verlassen, in die Welt gehen, um etwas über sie in Erfahrung zu bringen: Es genügt die Zeitung aufzuschlagen, die der Zeitungsjunge gebracht hat oder das elektronische Gerät anzuschalten, welches durch das wohl eben genannte Werk ver-sorgt wird, um zu lesen, und falls wir dazu zu „faul“ sind, lassen wir es und vor-lesen, denn von solchen Programmen, Sonderfunktionen und Apps regnet es im WWW.                                                    Schließlich kommen wir im Internet billig an unsere Information, Dienstleitung oder einen Ehemann (denn auch von Partnervermittlungsinstituten wimmelt es) oder sonst etwas heran, bekommen den Zweck. Das Internet ist wie das Kraftwerk, ein universelles Mittel zum Zweck, nur das wir das Kraftwerk brauchen, um die Vermittler des Internets, die die es auf die Wahrnehmungsebene ziehen, be-treib-en zu können. Treiben und Trieb liegen nah beisammen.

“Die Glücksbringer, die neuen Medien, erfüllen diese verheißungsvolle Aufgabe allein durch ihr technisches Vermögen. (…) Die neuen Medien erfreuen sich zugleich einer Universalität, denn wer sich ihrer auf dem Felde der Kunst und Kultur bedient, kann gewiß sein, daß keine Grenzziehungen zu erwarten sind.“[14]  Medien arbeiten an und für sich auf vielen Ebenen technisch, doch das Wesentliche an ihnen ist nichts Technisches. Über die Vorgänge, die dahinter stehen, also die mir ermöglichen, was ich will, weiß niemand Bescheid. Es ist noch immer das gleiche Problem wie vor tausend Jahren, auf das auch Heidegger schon in Sein und Zeit verweist. Solange das Gerät funktioniert, ist es mir egal, wer oder was da drinnen haust. Erst wenn das Gerät defekt ist, und ich meinen Zweck nicht mehr bekommen kann oder einen anderen Weg suchen muss, oder vielleicht sogar bereits einen anderen Weg kenne, dieser aber schwieriger zu begehen ist, worauf ich mich aus Bequemlichkeit aber nicht einlassen mag, wird das „Innere“ interessant: Wie interessant? Notwendig interessant[15]. Erst dann wird demontiert und erst dann wird deliberiert. Oft ist es dann aber schon zu spät. So mancher ertappt sich dann bei einem erhabenen Gefühl und findet sich verzweifelt vor, über das, was da vor-gefunden wird. Den meisten Menschen ist dies zu stressig oder ihnen fehlt einfach das Fachwissen. In einer Wegwerfgesellschaft wie unserer, die durch Obsoleszenz geprägt ist, ist aber kein Drama. Technik wird schnell obsolet, muss neu gemacht werden oder muss durch Updates gefüttert werden. Wissenschaft und Technik gehen dabei Hand in Hand: Die Spur, die Differenz, also die Geschichte – und damit die Zusammenhänge – werden aber gelöscht, auf die visuelle Darstellungsebene wird nur das gezogen, was neu ist und Bestand, also Nutzen hat: Denn Platz im Internet ist zwar vorhanden, was nicht heißen soll, dass auch bereits Cybermüll eine Bedrohung darstellt, allerdings auf mehreren Ebenen heiß umkämpft.[16]  Eine Anzeige oder Werbung muss noch immer Prinzipien der Nützlichkeit gehorchen, was so viel heißt wie, dass Informationen gut platziert, schnell zu erfassen und leicht zu lesen sein müssen. Ein gewisser Druck ist daher ebenfalls „vorprogrammiert“. Leistungen, z.B. Rechenleistungen,  werden immer besser, d. h. schneller: Was heute dem neusten Stand der Technik entspricht, kann schon morgen ins Museum ge-stellt werden. Dadurch entwickeln sich immer spezifischere Bereiche, wodurch sich immer mehr „Fachidioten“[17] entwickeln, wie man so schön sagt. Daher verwundert es nicht, dass  technische Geräte noch etwas Magisches für uns sind. Unsere Urteilskraft schwindet, während die Welten, die wir um uns herum aufbauen, immer komplexer und immer weniger nachvollziehbarer werden. Obwohl es jetzt noch immer Professoren gibt, die noch nicht einmal wissen, wie man einen Tageslichtprojektor (oder aus dem Griechischen und Lateinischen abgeleitet Polylux) einschaltet. Aber dem wollen wir uns nun nicht mehr weiterhin widmen.       Die Berichterstattung in unserer Höhle basiert auf „Mit-menschen“[18] außerhalb unserer Welt. Dies impliziert die Existenz der Anderen: Menschen machen Medien. Tatsächlich ist dieses Tun sogar ein sehr aufwendiges. Für das, was wir moderne und Mainstream Medien nennen, braucht man einen ganz Berg an technischen Geräten. Doch auch dies führt nicht zum Wesen. Es verdeutlicht lediglich, wie groß, fein und komplex das Netz aus technischem Zusammenhängen ist. Der Mensch sieht dieses aber nicht, be-findet sich diesem Netz gegenüber und reagiert sowohl bewusst, als auch unbewusst (spätestens im Falle eines Defektes bewusst – der Mensch ver-lässt sich ja auch auf die Technik) und lässt sich beeinflussen. Allein schon, weil er den Drang hat sich zu informieren, so wird er sich auch in-form bringen, sich selbst gestalten: Wir modifizieren uns – schon immer. Das Medium hat sich nur verändert.

 

„Es geht in der Technikphilosophie um nichts weniger als um das Sein des

Menschen, d.h. um die Weise, wie er ist.“[19]

 

 

 

 

3.2  Medientheorien (und Technisierung?)

 

„Das deutsche „Dach“ kommt aus dem gleichen Wortstamm wie das griechische "techne": Dachdecker sind demnach Künstler.“[20]

Der Medienbegriff leidet – keine Frage. Vielleicht aber gerade deswegen schlich sich eines Tages das Suffix „Philosophie“ an ihn, um Klärung zu verschaffen. Wenn man bedenkt wie oft dieser Begriff verwendet wird, im Sprachspiel für Verklärung und Unsinn sorgt, sicherlich ein nützliches, wenn auch kühnes Unterfangen.

„Schließlich war lange Zeit die Rede von einer Philosophie der Natur, bevor es Naturwissenschaften gab, oder die von einer Philosophie der Seele, bevor es die Psychologie gab. Hier aber handelt es sich weniger um eine Philosophie der Medien (… ) als um eine Bündelung von Fragen, die nach wie vor mit der philosophischen Frage nach der Conditio humana, nach der Stellung des Menschen in der Welt zu tun haben (…).“[21]

Die Medienwissenschaft oder oft auch reaktiv Medienwissenschafft-en genannt, ist eine noch sehr junge Wissenschaft, die mehr Fragen aufwirft als beantwortet und streng genommen auch keinen wirklichen, benennbaren Gegenstand hat.[22] Logisch ist es also nur, dass die Medienphilosophie vor ähnlichen Wurzel und Problemen steht, da sie ja schließlich aus ihr endstanden ist. Sie fragt aber nicht nach der berühmten Frage: Was ist ein Medium? Wie es die Literaturwissenschaft praktiziert. Sondern hinterfragt andere Gegenstände.

„Ein Beispiel wäre der Computer, dessen Thematisierung sich vom epistemischen Ding (frühe kybernetische Phase) zum technischen Ding (60erJahre) und dann zum »Medium« wandelte. Als »Medium« interessieren am Computer weniger die anthropologischen Kränkungen eines »Elektronengehirns« oder die zivilen und militärischen Einsatzmöglichkeiten als Kalkulator, sondern die kulturellen oder diskursiven Bedingungen, die er zugleich schafft und verkörpert.“[23]

Dabei wird die Aufmerksamkeit immer wieder auf die Kultur gelenkt, und auf den Umgang (des Menschen) mit „Kultur oder Kulturgegenständen“.

Diese Gegenstände sind Teilhaber unserer Erfahrungswelt. Manchmal sind die in unserem Sichtfeld, manchmal an unserem Sichtfeld, manchmal in unseren Taschen und manchmal erschaffen sie unser Sichtfeld erst. Wobei letzteres schon eine Arbeit für sich sein könnte.

„Die Griechen nannten das "theoria". Gefahrloses und erfahrungsloses Erkennen. Jetzt allerdings wird es möglich, Instrumente aus dem Fenster nach außen zu stecken, um auf gefahrlose Art und Weise Erfahrungen zu gewinnen. Die erkenntnistheoretische Frage lautet: Sind Experimente impertinent, weil sie vom Fenster aus (von der Theorie her) durchgeführt werden? Oder muß man durch die Tür, um zu erfahren? Türen sind Mauerlöcher zum Ein- und Ausgehen. Man geht aus, um die Welt zu erfahren, und verliert sich dort drinnen, und man kehrt heim, um sich wiederzufinden, und verliert dabei die Welt, die man erobern wollte. Dieses Türpendeln nennt Hegel das "unglückliche Bewußtsein". “[24]                                

Was aber, wenn es die Welt da draußen so komplex ist, dass einen die Erhabenheit dauerhaft überwältigen kann? Denn genau das macht die Technik. Sie revidiert unsere Auffassung von Realität zu Auffassungen von Realitäten, damit überhaupt noch Orientierung sattfinden kann. Ist es deswegen so, dass viele Menschen lieber drinnen bleiben und sich einen anderen Weg suchen, um sich zu verlieren? Ich sage JA. Denn genau das ist, was „Medienmacher“ machen. Welten werden ent-worfen, um sich in ihnen, selbst ent-werfen und weiter ent-“wickeln“ zu können. Damit ist natürlich nicht das Aktionssubjekt genannt, sondern das konstituierte, artifizielle Subjekt, als vielleicht Avatar, welches durch das Aktionssubjekt gesteuert wird. Die Relation zwischen Avatar und Aktionssubjekt ist dabei radikal geöffnet.„Technische Rationalität heute ist die Rationalität der Herrschaft selbst.“[25] Früher ging man in die Fremde, um sich zu verlieren, um etwas Neues zu lernen und sich weiter zu entwickeln, heute geht man in die Medienwelt, um sich selbst zu vergessen oder um das vergessen, für was man sich hält oder was man meinst, von anderen gehalten zu werden: „Du musst erst auf Wanderschaft gehen, und dann kannst du in die Heimat zurückkehren – und dann wirst du die Anderen verstehen.“[26] Unsere Nutzung der Medien ist also komplex.

„Ein Medium sieht Postman als Metapher und meint damit, dass sich mit der Einführung einer neuen Technik, etwa des Schreibens oder der Uhr, in einer Gesellschaft nicht nur die Möglichkeiten der Menschen erweitern, sondern dass sich mit ihr vielmehr auch ihre Denkweise und der Inhalt ihrer Kultur verändern.“[27]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3.3 Der Unterscheid und der Unterschied zwischen Krämer und MacLuhan

 

„Während in Computerspielen das Ich im virtuellen Körper des Avatars auftritt, gerät auf Plattformen wie youtube Individualität nicht weniger zur Camouflage.“[28]

Sybille Krämer definiert Medien als Unterschiede, die einen Unterschied machen[29], also eine abstrakte In-form-setzung, die einen konkreten Unterschied (Information) konstituiert – formiert, ein Unterschied zwischen Medium und Form, wobei immer nur die Form in unser Bewusstsein tritt[30]. Erstaunlich nah kommt sie so Heideggers Unterscheindung von Zu- und Vorhandenheit in Sein und Zeit[31].  Erst durch das „Rauschen“ (Krämer) oder eben das kaputt gehen (Heidegger), zerreißt das Sein die Transparenz des Mediums, wird die Seinsvergessenheit sich selbst bewusst (wie wenn man feststellt, dass man etwas vergessen hat), wie wen man ein Haus erst bemerkt, wenn es abgerissen wurde; die Abwesenheit setzt den Unterschied zum vorherigen Unterscheid. Manch einem wird erst (wieder) bewusst, wenn der Fernseher Bildstörungen vermittelt, dass er Informationen aus einem Fernsehen wahrnimmt. Vor allem das TV-Gerät etwas, dass – wie nun das Internet – zur gesellschaftlichen Norm erstarrt ist (Gegenbewegungen beweisen es[32]). Schließlich geht es um die Information, ihr Medium ist auswechselbar bzw. welches Medium wann und wo verwendet wird, liegt am Nutzer, der durch an hohes Maß an Flexibilität und Möglichkeit, vor die Wahl ge-stellt ist: Informationen sind zu jeder Zeit abrufbar und mittlerweile eigentlich auch, da die Welt immer weiter vernetzt wird, überall.

„Denn nur soweit Medien überhaupt eine sinnmiterzeugende und nicht bloß eine sinntransportierende Kraft zugesprochen wird, entpuppen sie sich als interessante Gegenstände geistes und kulturwissenschaftlicher Arbeit.“[33]                                                                                                                                                                      Medien stellen uns also in einen Mediennetz oder in ein intermediales Geschehen[34], genau wie Dasein oder die Frage nach dem Sein (ontologische Differenz) bei Heidegger.

„Bei McLuhan sieht man eine ähnliche Argumentation, im Gegensatz zu Luhman[35], also einer Konstituierung von Indifferenz, die Medien alles andere als unschuldig macht: McLuhan zeigt, daß Medien nicht-neutral sind und somit die Botschaft formen (…).“[36]

Der Umgang mit Medien habe also einen anthropologischen und kritischen Nachgeschmack, ihre Funktion ist eine technische: „Während die mechanischen Techniken die körperlichen Funktionen des Menschen in ein Außen verlagern, exteriorisieren die elektronischen Medien das Zentralnervensystem und die Sinnesorgane.“[37]                                                                                                                                        Neue Informationen werden dem Menschen so nicht nur zugänglich gemacht, er gewöhnt sich an den Inhalt, als auch an die Form. Die Technik in ihrer Entwicklung macht den „blinden Fleck“ immer blinder, das Rauschen immer leiser. Der Effekt, der einsetzen soll, sobald sich ein Unterscheid im Ge-brauch äußert, wird geschmälert – kritisches Denken, oder zumindest das Hinterfragen an sich, kann daher ebenfalls schwinden.

„Mit dem durchaus willkommenen Effekt, daß einer Technik, die als prothesenhafte Verstärkung und Entlastung des Menschen interpretiert wird, der Stachel des Fremdartigen, also gerade das Monströse genommen ist. Das anthropomorphe Technikmodell leistet gerade dies: Das, was an den technischen Apparaturen unvertraut und ungewöhnlich ist, dem Menschen vertraut und gewöhnlich zu machen.“[38]    Der „Transport“ macht das Auge blind für seinen Vermittlungsträger, da die Transparenz sich immer näher an die Realität und Wahrheit heran pirscht. Die ästhetische Qualität eines Beitrags trägt aber nicht hinreichend zu dessen Wahrheitswert bei.

„Da sich, so Nobert Bolz, moderne Gesellschaften durch Kontingenz und plurale Rollenidentifikationen  auszeichnen - „man spielt die Rolle, man selbst zu sein“ -, bezeichnet Authentizität einen „spezifisch antimodernen Affekt“: „Es ist kein Zufall, daß im Zeitalter der Virtual Reality die eigentliche Wirklichkeit, Echtheit und Wahrheit auf der Straße gesucht werden – eben street credibility.““[39]

 

 



[1]Fonic, Werbespot, 2012.

[2]https://www.bpb.de/wissen/r009c6 (Stand: 20. 01.2013).                                                                                  

[5]Vgl. Martin Heidegger, Die Technik und die Kehre, Opuscula, Neske, 1962,  S. 37.

[6]Friedrich Nietzsche, Fröhliche Wissenschaft, Werke und Briefe: Erstes Buch, S. 53. Digitale Bibliothek Band 31: Nietzsche, S. 5905 (vgl. Nietzsche-W Bd. 2, S. 61-62) (c) C. Hanser Verlag].

[7]Alexander Gottlieb Baumgarten, Aesthetica, 1750-58.

[8]Ernst Kapp, Grundlinien einer Philosophie der Technik, 1877.

[9]Die Evolution ist eine permanente Verbesserung oder Anpassung an die jeweilige ökologische Nische. Diese Aufgabe wird aber zunehmen von der Technik übernommen: Vgl. Olly Bootle, Evolution ohne Ende?, Arte F,  Großbritannien, 2010.

[10]Oswald Sprengler, Der Mensch und die Technik, S. 8.

[11] Lic. Armando Aníbal Chiappe, Martin Heideggers »Ontologisierung der Praxis« und ihre Relevanz für die hermeneutische Technikphilosophie. Dresden, 2010, S. 137.

[12]Marc Prensky: https://www.marcprensky.com/writing/prensky%20-%20digital%20natives,%20digital%20immigrants%20-%20part1.pdf.

[13]Lic. Armando An´bal Chuappe. Martin Heideggers »Ontologisierung der Praxis« und ihre Relevanz für die hermeneutische Technikphilosophie, S. 139.

[14]Kai-Uwe Hemken, Bilder in Bewegung – Traditionen digitaler Ästhetik, Dumont, Köln, 2004, S. 7.

[15] Hier kann man eine weitere Parallele zu Heidegger ziehen, der in seiner Vorlesung der Grundprobleme der Philosophie von 1927, das Denken und den Umgang mit dem Sein der Griechen als eben diesen Zustand  - in seiner Geschichtlichkeit – beschreibt.

[16]Ebd., (Kai-Uwe Hemken).

[17]„Substantiv, maskulin - jemand, der sich nur mit seinem Fachgebiet befasst.“: https://www.duden.de/suchen/dudenonline/Fachidiot (Stand: 05.04.2013 [16 Uhr 52]).

[18]Diese fremden Augen, durch die wir sehen, gehören Menschen, die wir nicht kennen, aber Teilhaber unserer Epoché sind. Vgl. Heidegger, Sein und Zeit, § 12, S. 54.

[19]Lic. Armando Aníbal Chiappe, Martin Heideggers »Ontologisierung der Praxis« und ihre Relevanz für die hermeneutische Technikphilosophie. Dresden, 2010. S. 137.

[20]Vilém Flusser, Durchlöchert wie ein Emmentaler: Über die Zukunft des Hauses bzw. Häuser bauen aus Medien-Kultur, Fischer, Frankfurt a. Main, 1998. S. 160.

[21]Frank Hartmann, Medienphilosophische Theorien, 2003, S. 209, (https://www.medienphilosophie.net/texte/Medienphilo_Theorie.pdf).

[22]Claus Pias, Medienwissenschaft, Medientheorie oder Medienphilosophie?, Wien, S. 76ff.

[23]Ebd., S. 77.

[24]Vilém Flusser, Durchlöchert wie ein Emmentaler oder Häuser bauen, S. 161

[25]Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung - Philosophische Fragmente, Frankfurt a. Main, S. Fischer, 1969, S. 129.

[26]Loren Marti, Ludwig Wittgenstein – Der schweigende Philosoph, SRF Kultur, 2011 (https://www.youtube.com/watch?v=faKgR1PtP00  [17: 46], (Stand: 31.01. 13 [23 Uhr 08]).

[27]Christine Weinschenk, https://www.hdm-stuttgart.de/ifak/medienwissenschaft/medienkritik_medienwirkung/medienkritik_in_der_2_haelfte_des_20_jahrhunderts/medienkritik_weinschenk (Stand: 15.02.2013 [17 Uhr 07]).

[28]Christoph Zeller, Ästhetik des Authentischen, S.291.

[29]Reinhard Margreiter, Medienphilosophie: Eine Einführung, Parerga Verlag, Berlin, 2007, S. 211.

[30]Ebd.

[31]Martin Heidegger, Sein und Zeit, S. 68ff.

[32]Trend ist es nun keinen Fernseher mehr zu haben.

[33]Sybille Krämer, Medien,Computer, Realität: Wirklichkeitsvorstellungen und neue Medien. https://www.wmg-seminar.de/html/texte/sk/das-medium-als-spur-und-apparat.htm, (Stand: 03.04.2013, [23 Uhr 42]), S. 73.

[34]Reinhard Margreiter, Medienphilosophie: Eine Einführung, S. 211.

[35]Sybille Krämer, Medien – Computer – Realität, https://www.wmg-seminar.de/html/texte/sk/das-medium-als-spur-und-apparat.htm.

[36]  Ebd.

[37]  Ebd.

[38]  Ebd.

[39]Christoph Zeller, Ästhetik des Authentischen, S. 291.

 

21.05.2013 00:21

 

 

 

Aesthetica Filma

 

Ästhetik des Films

 

P. P.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorwort

 

Da man oft folgende Aussagen hört: »Dieser Film ist vollkommen unlogisch« oder »Das sieht total unrealistisch aus« – ja, diese Aussagen beziehen sich auf Filme - Habe ich mich dazu entschlossen eine – längst fällige – Ästhetik des Films zu schreiben. Auch eine Typologie soll geleistet werden und der Psychothriller als Genre besondere Aufmerksamkeit bekommen, da existenziell wichtig – das Herz aber, soll die Logik der Ästhetik oder eben des Films darstellen. In Anlehnung an Baumgarten[1] (nicht die Geburt der Ästhetik als Disziplin), soll so eine logisch-strenge, als auch ästhetische, Abhandlung über die künstlerisch wertvollste Auseinandersetzung mit Philosophie, die kulturimplementiert ist, entstehen.

 

Der Kinogänger von Gestern wird also Morgen nicht mehr sein …

 

P. P.

Erfurt im Mai, 2013.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ästhetik des Films

§ 1

 

Die Ästhetik des Films ist eine Philosophie des Films.

Dies ergibt sich analytisch aus dem Begriff der Ästhetik[2], welche ich in den Zusammenhang zum Film setze.

 

§ 2

 

Die Ästhetik des Films, als Philosophie des Films[3], unterscheidet zu aller erst Filme von anderen filmischen Beiträgen. Es gilt also das Wort „Film“ zu definieren. Zunächst brauchen wir eine primitive Definition. Ein Dokumentarfilm ist kein Film, auch wenn das Wort „Film“ in dem Wort „Dokumentar-film“ zunächst drauf hinweisen könnte. Ein Dokumentarfilm gehorcht anderen ästhetischen Gesetzen, wenn denn überhaupt, als der Film; Spielfilm, Drama (Utopie kehrt hier ein), Melodram, Thriller und Avantgardefilm – sowie vielleicht Sifi und Actionfilm (die eigentlich außerhalb stehen müssten). Ein Film ist ein ästhetisches Ereignis (im Bewusstsein (des Betrachters)), dass durch

α) Mise-en-scène

β) Montage

γ) Ästhetik bestimmt ist, und überdies hinaus eine Handlung, eine Geschichte eine Entwicklung hat. Zusatz α) Die Mise-en-scène ist das Äußerliche der Inszenierung, sie sind die Dinge wie sie sich uns phänomenologisch geben; das, was uns an die Hand gegeben wird, uns den Genuss medial vermittelt oder eben die Abscheu.

 

Ästhetik des Films

 

β) Die Montage ist das, was dem Film die unterscheidente Komponente beimischt, was ihn von dem Theater – der Wiege des Films – unterscheidet. Ein Theater hat keine Montage. γ) Diese Ästhetik ist immer seine Ästhetik. Es verhält sich wie mit demVerhalten: Einen Film ohne Ästhetik[4] kann es de facto nicht geben.

 

§ 4

 

Die Ästhetik eines Filmes ist das, was

α) den Film ausmacht, maßgeblich bestimmt

β) den Zugang zum Film überhaupt erst ermöglich. Ästhetik eines Filmes ist essentiell: Ästhetik, Mise-en-scène (1) und Montage (2), machen das aus, was der Film ist oder zumindest der primitive Film (Stummfilm). Eine erweiterte Definition vom Film wird also folgen müssen.

Ein simples Beispiel: Sie schauen einen Film ohne Handlung[5]: 90 Minuten schwarzes Bild. Die M1 es Filmes ist monoton, die m² des Filmes ist nicht vorhanden bzw. Regisseur hat auch M² verzichtet und die Ästhetik ist, nun, ja, sagen wir doch, eine recht triste; ein längeres schwarzes Ereignis

 

 

 

 

 

 

 

Ästhetik des Films

§ 5

 

Wo ist der Film? Der Film und damit seine Ästhetik spielen sich im Bewusstsein des Menschen ab. Ohne Bewusstsein vom Film, also bewussten Akt, gibt es keinen Film. Der Ästhetik des Films kommt also eine phänomenologische Komponente zu. Die Ästhetik des Films ist also eine Phänomenologie des Films. Daher ist die Phänomenologie des Films eine Philosophie des Films. Generell steht die Phänomenologie in Analogie zum Film, da das Bewusstsein kontinuierlich Bilder erzeugt. Der Film erzeugt im Bewusstsein eine Aneinanderhing von Bildern, die den Eindruck erwecken, sie würden sich be-wegen: motion Picture. Nur was bewegt (wird), kann bewegen. Der Mensch, als Mensch, der sich zu be-wegen im Stande sieht, ist eine Bilderfabrik im doppelten Sinne. Die Konstitution von Bildern ist unerlässlich für den Film.

 

§ 6

 

Die Ästhetik ist objektiv[6].

 

§ 7

 

Daraus folgt, dass die M1, als auch M², nicht objektiv, also subjektiv sind. Der Schnitt kann mir nicht gefallen, diese Einstellung kann gut gewählt sein, eine andere aber besser.

Ästhetik des Films

§ 8

 

Eine kleine Zusammenfassung bietet sich hier an: Wir erreichten eine Definition vom primitivem Film: Ästhetik, die objektiv ist, M1 und M², beide objektiv vorhanden, also zu definieren und zu analysieren, aber subjektiv wirken, bilden das, was sich als materielles[7] Konstrukt, geistig in uns abspielt. Was fehlt? Das vollkommen BE-WEG-ENDE fehlt: Die Musik[8]. Ich halte meine These noch zurück und komme zum wichtigen Aspekt der Logik: die Logik der Ästhetik des Films.

 

§ 9 - Die Logik des Filmes

 

Die Logik des Filmes ist eine Logik der Ästhetik (des Filmes).

In der Logik des Films, ab hier nur noch logische Ästhetik des Filmes oder ästhetische Logik des Films, wird eine innere und eine äußere Logik unterschieden. Die logische Ästhetik an sich bleibt leer und blind, es gibt keine Logik des Films, auch keine ästhetische.

Die, die keine Einsicht in die Filmästhetik haben, verraten sich an Aussagen wie »Dieser Film ist logisch«: Wer stellt sich im Museum mit Popcorn in der Hand vor ein Gemälde und ruft »Dieses Gemälde ist schlichtweg falsch, ein Stier sieht ganz anders aus« und »Diese Frau entspricht nicht den ästhetischen Körperproportionen von einer Frau, die ich in meiner Vor-stellung habe«.  Aber noch schlimmer sind diese, die sagen »Ja, in der Realität verhält es sich wirklich so!«

Ästhetik des Films

§ 10 – Äußere Logik des Films

 

Die äußere Logik des Films ist identisch mit der logischen Ästhetik des Films, sie ist zu vermeiden – faktisch nicht gegeben. Wir brauchen sie aber, um aus ihrer Negation die fruchtbare, innere Logik der Ästhetik des Films zu gewinnen.

Alles was von außen an den Film herangetragen wird, hat nichts mit dem Film zu tun. Dies ist kein Dekonstruktionsversuch der Hermeneutik, sondern eine wissenschaftliche Grundhaltung, vorurteilsfrei an einen Film zu gehen; einen Weg zu be-gehen. Film ist und bleibt hermeneutisch; die Botschaft richtet sich nach dem ABSENDER, er ist tot. Dennoch gibt es Logikfehler im Film, die ästhetisch auch nicht zu entschuldigen sind. Wichtig aber dennoch ist zu verstehen, dass es den Film nicht tangiert, ob sie das Handeln des Protagonisten oder das brechen von Naturgesetzen für unlogisch halten oder nicht; der Film wir ihnen nicht antworten. Außerdem wird es keine Hilfe sein, einen Film zu ver-stehen, wenn er als unlogisch erachtet wird. Der Subtext des Filmes steht über ihrer Meinung, über ihrer Auffassung von Logik, ja, sogar über ihrer Auffassung von Wahrheit und Realität sowie Schönheit. Dies soll noch ausgeführt werden.

Wenn der Apfel (von allein) vom Tisch fällt, weil das in ihrer Realität so ist, dann kann man daraus nicht schließen, dass der Apfel im Film – der gar kein Apfel ist[9] – auch vom Tisch fällt, gar fallen muss; vielleicht fällt der Tisch vom Apfel, wir wissen es nicht, und schon gar nicht in den ersten fünf Minuten – vielleicht werden wir es auch nie erfahren, aber wenn wir etwas über die Auffassung von Realität im Film erfahren, dann können wir uns einer Logik annähern.

 

Ästhetik des Filmes

Was für einer? Einer Inneren.

 

§ 11 – Der Kern der logischen Ästhetik des Filmes – die innere Logik

Die innere oder intrinsische logische Ästhetik des Films ist die Wahrheit der Logik des Filmes.

 

§ 12

Wahrheit ist relativ.

 

§ 13

Die Wahrheit der logischen Ästhetik des Filmes ist keine Wahrheit mit Letztbegründungs Anspruch. Jeder Film, der eine eigene Logik, also innere des Films besitzt, hat seine eigeneWahrheit.

 

§ 13

Jeder Film hat seine eigene, innere intrinsische Logik.

 

§ 14

Die innere Logik des Film ist vom Film selbst ge-setzt[10].

 

 

 

 

Ästhetik des Filmes

§ 15

Die innere Logik des Films ist absolut, daher nicht hinreichend für unsere Erfassung, daher erst recht nicht erfahrbar für unsere Phänomenologie[11] des Films. Was auch so viel heißt wie, dass der Film als solches, als Ganzes, als Kunstwerk, als – ganzes – Werk und nicht als Fragment unter-halten werden muss; ver-standen werden muss. Die innere Logik des Filmes kann, darf aber nicht aus einer Szene abgeleitet werden. Das ästhetische Programm ist objektiv sichtbar, die innere Logik wird durch das Bewusstsein – phänomenologisch - aus dem Film her-aus ins Bewusstsein zurück gebracht, über den Versand reflektiert und geordnet und dann abgeleitet. Diese Logik ist also post Filmen

 

§ 16

Die innere Logik kann implizit oder explizit, in der ersten oder in der letzten Sekunde präsentiert werden; implizit ist aber häufiger der Fall. Das ästhetische Vergnügen kommt also vor der Arbeit.

 

§ 17

Um die innere Logik des Filmes zu bekommen, muss man sich mit dem Film aktiv beschäftigen: Implikationen können überall sein, d. h. Überall im Bewusstsein.

 

§ 18

Ein Film kann nur und nur dann innerlich unlogisch sein, wenn er seiner eigenen Logik, also inneren, widerspricht. Daraus folgt, dass …

 

 

§ 19

Die innere Logik des Filmes ver-standen sein muss, um einen Widerspruch be-weis-en zu können.

 

§ 20

Die innere Logik des Filmes kann besonders einfach[12] zu erfassen sein, wenn z.B. einfach ein Er-zähler er-zählt, dass folgende Gesetzt herrschen oder besonders schwer, wenn man den Eindruck hat, dass ständig etwas unlogischen passiert, Figuren plötzlich eine andere Identität[13] haben, die Schwerkraft ausgehebelt[14] wird oder Zeit und Raum, oder eben Raumzeit – bis zum 4-Dimensionalismus[15] – scheinbar unlogische Schlüsse nahelegen. Die innere Logik ist also Teil der künstlerischen Idee, die dem Werk vorausgeht; sie wächst in den Autoren und Realisatoren. Nun wird es also Zeit, die eigentliche Definition zu bringen.

 



[1]Alexander Gottlieb Baumgarten, Dissertatio chorographica, Notiones superi et inferi, indeque adscensus et descensus, in chorographiis sacris occurentes, evolvens, 1735.

[2]Die Ästhetik ist eine Disziplin der Philosophie, philosophische Ästhetik.

[3]Von nun an nicht mehr extra ausgeschrieben.

[4]G. ist hier seine Ästhetik, seine Haut.

[5]Und damit weder ein Film, noch ein primitiver Film, aber dies soll nur zur „Veranschaulichung“ dienen.

[6]G. ist die Ästhetik als das, was wir am Film wahr-nehmen, den Fim (im Bewusstsein) selbst; der Film spielt Bilder ab, wird abgespielt, spielt sich daher in unserem Wahrnehmungsfeld ab, in der Dauer, die wir als bewussten Akt auf den Film richten. Der Film ist nicht die Filmrolle (das ist nur das Material, der Träger des Films), nicht die DvD-Box oder gar die DvD selbst, ist der Film, sondern das, was sich er-eig-net, sich uns als Film eigen machen.

[7]Natürlich ist mir klar, dass Elektronen und Nervenzellen als Fundament ungeistige Prozesse verursachen, die erst überhaupt es ermöglichen, ein Phänomen des Filmes ins Bewusstsein zu rufen. Die Bilder – die einen guter Film in uns verbleiben lässt – aber, werden sie nicht im Schädel finden, wenn sie den bereit sind diesen zu öffnen.

[8]In der Kunsthierarchie Schopenhauers ist die Musik die höchste Form der Kunst.

[9]Der Apfel, den wir im Film sehen ist ein Bild in unserem Bewusstsein, ein geistiges Konstrukt, unabhängig dessen, ob beim Dreh, ein echter oder ein künstlicher Apfel verwendet worden ist; unabhängig davon, ob überhaupt irgendetwas verwendet worden ist.

[10]Sie ist hier mit der Ästhetik des Filmes identisch.

[11]Wir können jeder Zeit eine Aussage zum aktuellen Filmgesehen machen, eine Prognose wagen, aber schon nach dem Film, ist das, was für uns der Film ist, nicht mehr der Film. Erstens nicht, weil der Film nicht mehr im Bewusstsein ist und zweitens nicht, weil der Film nun nur noch Erinnerung aus der Protention her-aus ist.

[12]Herr der Ringe, 1. Teil.

[13]Mulholland Drive.

[14]Matrix.

[15]Donni Darko.

 

20.05.2013 22:58

2. Einleitung

2.1  Ziele der Arbeit

 

„Der Schauer lebt von der Übermacht der Technik als ganzer - und

des Kapitals, das hinter ihr steht - über jedes einzelne Ding. Das ist die Transzendenz in der Massenkultur.“[1]

 

Schon lange widme ich mich dem Verhalten. Denn der Mensch ist unter anderem das Wesen, das sich zu sich selbst verhalten, zu sich selbst ins Verhältnis setzen kann. Diese Erkenntnis verdanken wir dem Dänen Kierkegaard, den man gar nicht oft genug zitieren kann.[2] In erster Linie ein geistiger Prozess, doch unser Verhalten ist oft mental verursacht. Warum dies so ist, der Mensch zwischen Rationalem und Irrationalem pendelt, darüber kann man nur spekulieren oder sich schweigend machen. Letzteres wäre sinnvoller. Nahe liegt, dass sich natürlich unsere Ratio so, aus dieser Grundkonstitution, entwickelte. Schließlich war dies ein begünstigender Faktor in der menschlichen Evolution, gleich nach der Entdeckung der Sesshaftigkeit. Doch was viel bemerkenswerter ist, ist, dass wir uns durch unser Verhalten beeinflussen können – doch noch bemerkenswerter ist die Kehre dessen.

Aus der Sicht der zeitgenössischen Medienphilosophie, unter Berücksichtigung zeitgenössischer Medientheorien, möchte die Arbeit, über Heideggers Konzept vom Menschen und seiner Philosophie (also Kulturkritik) – vor allem mit Hinblick auf die τέχνη und ἐποχή  – untersuchen und aufzeigen wie der Mensch von Medien beeinflusst wird. Wie äußert sich die Wirkung, vor allem die der Massenmedien auf uns und wie sind Begriffe wie „Massenkultur“ oder „Massenphänomen“ und das Verhalten der Konsumgesellschaft zu bewerten, im Hinblick auf den (sich selbst als authentisch verstehenden) Menschen als modernem Schwellenwesen zwischen eigener, existenzieller und sozialer Welt, der Welt des anderen, dem „Man“ - auch im Austausch über den (direkteren) „Umweg“ über mediale, visuelle Welten, Computerprogramme, Plattformen, und sowie Fluchtwelten? Dabei wird sich vor allem herauskristallisieren, wie sich das menschliche Bewusstsein eines jeden manipulieren lässt und manipuliert wird. Wie instrumentalisieren Medien uns, d. h. die, die Medien ver-an-lassen, erwecken Bedürfnisse in uns, emotionalisieren und leiten uns so auch unbewusst an, wenn man denn an der These festhalten will, dass das menschliche Bewusstsein eine Einrichtung ist, ein „instrumentum“, wie Heidegger in seinem Vortrag Die Frage nach der Technik[3] sagt?

M. E. ist dies eine faktische Gegebenheit, die einer phänomenologischen Beobachtung benötigt und einer anschließenden Kritik. So wird sich ohnehin auch zeigen, dass die Phänomenologie eine große Rolle in dieser Debatte noch spielen wird und daher auch in meiner Arbeit zum Tragen kommen soll.

Dabei sollen vorrangig Texte zur Technik herangezogen werden, als auch Texte zur zeitgenössischen Medienphilosophie, einem noch sehr jungen, aber dennoch wichtigen (und immer wichtiger werdenden), Teil der Philosophie. Auf einen speziellen Autor möchte ich mich dabei nicht beziehen, was bei dem Angebot an Perspektivenreichtum schwer sein würde. Auch wenn der Zusammenhang zwischen Technikphilosophie und Medien nicht sofort vor Augen liegt, so wird dem in neuester Forschung immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt, was ich sehr befürworte und was man an Autoren wie Krämer[4] und Kittler[5] sieht. Aber auch Autoren wie Nietzsche, Sprengler, Blumenberg, Fromm,  Adorno und vor allem Heidegger, sollen miteinbezogen werden. Da schließlich über die Kulturwissenschaft, als auch Kulturphilosophie bzw. Kulturkritik – was Krämer auch radikal einfordert[6] - am Rande, argumentiert werden wird, sollen auch künstlerische Beispiele aus aktuellen Lyriks jeweils rahmend am Rande mit eingebracht werden.

Philosophie ist keine empirische Wissenschaft, sondern eine spekulative – dessen bin ich mir bestens bewusst. Doch sie darf zeitgenössische Erkenntnis nicht einfach aus ihrem Elfenbeinturm heraus ignorieren. Daher wird es unumgänglich sein, faktische und konkrete Beispiele mit in die Argumentation einzubringen. Besonders bei besonders medialen Produkten wie Face Book, WOW und alternative Medien, wird die Benennung und Erläuterung unerlässlich sein, um aufzuzeigen, wie solche „Dinge“ strukturiert sind.

 

Nur so wird sich verstehen lassen, wie sie uns beeinflussen können – welche Macht von ihnen ausgeht. Auch die großen Kunstphilosophen, erklärten für sie als „gut“ erachtete Kunst an konkreten Kunstwerken – vor allem Hegel und Baumgarten, die ja Vertreter einer Inhaltsästhetik waren. Genauso verhält es sich in aktuellen Debatten der Neurowissenschaften und der Bewusstseinsphilosophie sowie der (m. E. unbegreiflichen) Nötigung durch die Naturwissenschaften oder der Willensfreiheitsdebatte sowie der Rechtsphilosophie: Auch hier werden faktische Beispiele verwendet. Dennoch wollen wir das Ganze nicht aus den Augen verlieren, philosophisch bleiben, das Sein bzw. besser gesagt das Bewusstsein untersuchen: Was macht der, in moderne Medien hineingeworfene, Mensch also mit der Technik, warum verwendet er sie und wieso durchdringt sie mittlerweile alle Bereiche unseren Lebens (bis hin zur Wissenschaft und Kunst)?

„Werkzeuge, Maschinen und Systeme erfüllen nicht allein technische Funktionen, sondern eröffnen neue Horizonte für Raum- und Zeiterfahrungen sowie für die Welt- und Selbsterkenntnis der Menschen.“[7]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



[1]Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung - Philosophische Fragmente, Frankfurt a. Main, Anhang. Das Schema der Massenkultur, Kulturindustrie (Fortsetzung): https://offene-uni.de/archiv/textz/textz_phil/dialektik_aufklaerung.pdf, S. 109, (Stand: 05.05.2013 [16 Uhr 57].

[2]Vgl., Søren Aabye Kierkegaard, Der Begriff der Angst, DTV, S. 490.

6

[3]Martin Heidegger, Die Technik und die Kehre, S. 6.                                                          

[4]Z. B. Sybille Krämer, Technik, Gesellschaft und Natur, Frankfurt a. Main, Campus-Verlag, 1982.

[5]Z. B. Friedrich Kittler, Zwischen Rauschen und Offenbarung. Zur Kultur- und Mediengeschichte der Stimme (Hg.), Akademie, Berlin, 2002.

[6]Reinhard Margreiter, Medienphilosophie: Eine Einführung, Parerga Verlag, Berlin, 2007, S. 214.

7

[7] Johannes Robeck, Technikphilosophie im 19. und frühen 20. Jahrhundert, S. 2: https://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/philosophische_fakultaet/fak/zit/lehre/ws0708/texte_ring/Technikphilosophie%20im%2019.%20und%20fruehen%2020.%20Jahrhundert.pdf

8

 

20.05.2013 00:37

M e t a p h y s i k    d e r

M e d i e n

 

 

 

 

                                              

                                           

P. Parszyk

 

Medienkritik,

Heideggers Auffassung von τέχνη

und Gelassenheit - sowie Instrumentalisierung des Bewusstseins durch Medien.

                                                                                                                       

     

    

 

 

 

… long live the doubt …

 

(Katatonia, burn the remeberence)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Cause I need to watch things die from a distance
Vicariously, I live while the whole world dies
You all need it too - don't lie.

 

 

(Tool, Vicarious, 10.000 days, 2006).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

                                                                                                                Seite

 

     1. Die Dunkelheit in der Höhle (oder einführende Worte)

 

     Vorwort - Ein Ausflug in Platos Höhle?.......................................... 01-5

 

 

2. Das Licht in der Höhle (oder Einleitung)

 

2.1 Ziele der Arbeit ……………………………………………..….. 06-8

2.2 Der Ausgangspunkt oder die einfache Technik: Natur, Mensch, Kultur und Medien ……....……………………………………………................ 09-10

2.3 Eine kleine Geschichte der Technikphilosophie …................... 11-14

 

 

 

    3. Die Gestaltung der Schattenbilder (oder  Moderne Technik und die   

    Medien als Technik)

 

     3.1 Was ist oder sind ein Medium, die Medien? ...……...…........…. 15-17

     3.2 Medientheorien (und Technisierung?) …................................... 18-20

     3.3 Der Unterscheid und der Unterschied zwischen Krämer und MacLuhan

      …......................................................................................................... 21-22

 

 

 

    4. Flucht aus der Höhle (Heideggers Auffassung von τέχνη)

 

4.1 Heideggers „Kritik“ an der τέχνη …............................................. 23-26

4.2 Heidegger und die ἐποχή  …............................................................ 27

4.3 Heidegger – Seinsvergessen- und Gelassenheit ………………... 28-30

4.4 Der Hirte des Seins …………………………………………......…. 31

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

                                                                                                                         Seite

 

 

5. Die Verbrennung (Realität und die mediale Lebenswelt – die Metaphysik der Medien)

 

5. 1 Grundlegung ….......................................................................... 32

5. 2 Wahrnehmungsprozesse ........................................................... 33-34

5. 3 Bewusstsein als Instrument …………. …................................. 35-37

5. 4 Technik als Erleichterung …..................................................... 38-45

     5. 5 Ein Fenster in der Höhle: Seneca – Das Bewusstsein zurück schieben…......................................................................................... 46-47

 

 

    6. Die Augen gewöhnen sich an die Wahrheit (Zusammenfassung und Literatur)

 

6. 1 Zusammenfassung 1-3 ….............................................................. 48-49

6. 2 Zusammenfassung 4-5 ….............................................................. 50-51

6. 3 Literaturverzeichnis und Quellen ….............................................. 52

6. 4 Medien ............................................................................................. 53

6. 5 Eigenständigkeitserklärung …........................................................ 54

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Vorwort – ein Ausflug in Platos Höhle? – (ein polemischer Auftakt)

 

„Die These, Technik sei ein Medium, in dem sich menschliches Leben ereignet, wird von mehreren Autoren nachdrücklich vertreten.“[1]

 

Nach über 2.500 Jahren liegt Platos Höhlengleichnis noch immer im Trend. Und dies ist kaum verwunderlich, ist es doch m.E. aktueller denn je. Unsere „Medien“ - und damit vor allem die Medienwelt - scheinen einen Dualismus zu offenbaren, der gar nicht affiner zu Platos Höhle sein könnte. Einen Dualismus aus Realität und Medienwelt, Realität und Inszenierung oder gar Medienlügen; virtueller Realität(en) und Wirklichkeit(en): Dabei wird die virtuelle Realität immer realer bzw. wird besser organisiert und optimiert sowie authentischer und die Realität wird immer unbegreiflicher, verfremdeter bzw. sogar unwirklicher; subjektive und individuelle Eindrücke wichtiger – obwohl der Vormarsch der Technik in der Wissenschaft minütlich die Grenzen der Wahrnehmung, des Wahrnehmbaren erweitert, und damit „unser“ Wissen über die Außenwelt. Reale Realität unterliegt Perspektiven, wird verschieden wahrgenommen und unterliegt so einem Prozess, der Realitäten hervorbringt und in „unsere“ Lebenswelten einspeist: reale Realitäten? Doch dies ist gar nicht das Problem.

In Platons Gleichnis sehen wir (die Gefangenen) Schatten von tatsächlich existierenden Dingen, aber nicht die Dinge selbst. In den Medien, vor allem in Rundfunk, Fernsehen, Filmen und im Theater; besonders aber in den Nachrichten, als vor allem auch im Internet, dass in Analogie zu Simmels Auffassung vom Geld, und Heideggers Auffassung von Strom, stehen könnten[2], sehen (oder hören) wir Abbildungen von tatsächlich existierenden Dingen, wir sehen auch die tatsächlichen Dinge, aber eben nicht die tatsächlich existierenden Dinge selbst; wir können sie nicht berühren, sie aber dafür uns[3]. Und das ist der wichtigste Punkt. So wird auch Husserls Wesensschau auch immer mal Thema sein, da wir erkennen, aber nicht überschauen, worum es (eigentlich) geht, wenn Lichtbilder eingeschaltet werden und in unsere Protention (wie Sternschnuppen) fallen.

 

Fest steht: Wir starren auf Lichtbilder in der Fernsehröhre oder auf anderen Bildschirmen, oder hören akustische Signale aus elektrischen Geräten und stellen uns Bilder vor, oder sehen wiederum abgedruckte Abbilder auf zusammengesetzten Papieren. Die reale Realität wird verschoben. Das Sehen oder Hören, oder das Wahrnehmen, wird auf den Konsum eingestellt: dem Konsum von Dingwahrnehmungen – von wahrnehmbaren, konsumierbaren Dingen. Die materialisierte Realisierung dessen wird in Ausblick gestellt, ist aber en momento noch nicht gegeben bzw. möglich.[4] Der Schein der Oberfläche ist konsumierbar – eine Reduzierung des eigentlichen Dinges. Aber dieses Blut zu lecken, stellt die Chance aus: die Chance auf mehr Konsum, auf mehr Erfahrung und Wahrnehmung. Mehr ist besser und Nichts wollen besser als nicht-wollen - hier gedenken wir kurz Nietzsche. In dieser speziellen Disposition ist natürlich die Rede von Werbung: Eine sublime und unterschwellige Form der Aktivierung. Aber auch das Gegenteil ist an der Tagesordnung: die passive Haltung. Das Konsumieren aus der Distanz. Ja, wir leben in Extremen. Meistens auf  der emotionalen Ebene. Tragik in den Nachrichten ist genau so alltäglich wie die Gewalt oder die Komik in den medialen Verfahren der Kunst. Denn all dies ist Thema des Medienkarussells.

Dennoch unterscheiden sich die Gefangenen von uns, auch wenn wir viel mit ihnen gemeinsam haben. Unser „Gefesselt-sein“ ist metaphorisch zu verstehen. Ein funktionierender Spannungsbogen lässt uns kurzzeitig das Popcorn vergessen. Die Gefangenen bei Platon sind buchstäblich gefesselt. Sie werden gezwungen, die Schatten an der Wand zu „konsumieren“, zu verinnerlich, denn es ist nichts anderes da, was in Erscheinung treten könnte. Doch ist  genau das ihre Welt oder Realität, da sie keine andere kennen; kein Wissen von der eigentlichen Welt haben: der realen Realität, von dem, was „da“ draußen ist. Weiterhin werden sie an die pathetische Metapher geführt, an das Licht der Wahrheit. Oft wird auch von Befreiung gesprochen, allerdings unter Zwang. Denn es brennt: Das Licht der Sonne brennt in den Augen, der an die Dunkelheit der Höhle gewöhnten Besucher. Genauso verhält es sich wenn wir aus dem Kino kommen, wenn wir Teilhaber einer anderen Realität waren. Einer Realität aus der Sicht eines anderen – eines Künstler und daher einer künstlichen Welt.

 

Doch auch dort – in dem anderen Licht der Wahrheit – wissen wir von dieser realen Realität, einer vorgetäuschten Realität; einer fiktiven Realität. Dennoch vergessen wir es manchmal bzw. sind in der Lage. dies zu vergessen, wechseln von passiv zu aktiv und vergessen, dass wir (nur) in eine fiktive Realität eintauchten. Und genau deswegen suchen wir das Kino auf: Weltflucht. Der Mensch ist also tatsächlich Teilhaber an dualen Weltsystemen. Sogar mehr als nur zwei Welten. Wir haben und kennen viele Welten – Orte und Nicht-Orte[5] – durch die wir uns bewegen können. Der Mensch ist ein Weltenwechsler, was auch kein Problem darstellt: Die fiktive Realität ist ein Abschalten, ein Ausblenden der Tatsächlichen. Noch immer erholen wir uns im Traum von den Zumutungen der „Rationalität“. Noch immer dominiert unsere eigentliche Auffassung von der Realität. Eine rein objektive Welt gibt es nicht und kann es strenggenommen, analytisch auch nicht geben. Ein Common Sense einer subjekt-objektiven Welt, die unseren Handlungsraum darstellt, bleibt gegeben. Doch immer mehr Menschen fokussieren sich zu sehr auf die andere Seite. Die eigentliche Welt ist nur noch Pflicht und lästig.  Auch die Höhlenbewohner fliehen wieder zurück in ihre Höhle. Zu befremdlich war also die tatsächliche Realität – zu ungewohnt. Der wichtige unterschied allerdings liegt im Ausgangspunkt:

Platon: Ausgangspunkt → Höhle

Heute: Ausgangspunkt → reale Realität

Wenn wir also annehmen, unsere Realität wie wir sie kennen, sei die reale Realität[6], dann „switchen“ wir in die virtuelle Welt und nicht andersherum. Wir tun dies freiwillig, wir fliehen auch nicht, sondern regeln die Dauer des „Aufenthaltes“ selbst. Wir kaufen ein in der virtuellen Welt oder wie bereichern uns durch sie oder wie entspannen uns in ihr und wir erweitern sie. Wir spielen Browsergames, spielen in virtuellen Welten Rollenspiele, kommunizieren übers Internet, stellen uns selbst auf Plattformen und sozialen Netzwerken dar – kaschieren hier und da auch etwas, ent-werfen uns selbst neu oder stellen uns anders dar.

Und wir beobachten Medien und wirken sogar auf sie ein. Schließlich bestimmt noch immer die Nachfrage das Angebot. Schließlich ist auch die Medienwelt, eine industrialisierte. Die fiktiven Realitäten, die oft mit der realen Realität verflochten zu sein scheinen, dringen immer mehr in den Raum der realen Realität vor. Das Verhältnis ist längst reziprok und wir brauchen die Abwechslung, die andere Welt immer mehr. Aber warum?

Worauf ich aber hinaus möchte, ist, dass die „Medien“ uns stark beeinflussen. Und wenn ich „uns“ sage, meine ich unser Verhalten. Viele sagen sogar, die Medien würden uns einen Lebenssinn propagieren. Dieser „Sinn“ ist aber ein leerer, er hat keinen Gehalt: Die Massenmedien[7] lenken daher die Massen ab.

Zusammen mit anderen Weltinstitutionen, sei es Unterhaltung durch Sport, wie die Fußball-WM, oder Kulturindustrie[8], werden die Massen also beeinflusst und abgelenkt. Dies geht schon so weit, dass es sogar alternative Medien gibt. Sie entstanden aus der Motivation den „führenden“ Medien, hier vor allem in den „berichtenden“ Medien, Kontra zu bieten bzw. kritisch zu überprüfen. Es ist es schon lange kein Geheimnis mehr, dass Nachrichtenmedien gesteuert werden, also nicht frei und schon gar nicht objektiv sind bzw. nur das an die „Öffentlichkeit“ gerät, was auch an die Öffentlichkeit geraten soll.[9] Wo nach richten sich also Nachrichten? Dies sollte die Frage der Stunde sein! Es gibt einen Filter, der über die (eigentlichen) Medien gestülpt wird.

Medien 1 → Alles, was in die Medien hinein gespült wird, an Berichten, Informationen und Meldungen – Der Bereich, der Gegenstände, die eben nicht von den Menschen in der Höhle getragen werden.

Medien 2 → Alles, was dann tatsächlich gesendet wird, nachdem es gesichtet, gekürzt und zensiert worden ist – Der Bereich, der Gegenstände, die von den „Gefangenen“ wahrgenommen werden. Wer aber steuert denn nun diesen Selektionsprozess? Eine Frage, die ich weder beantworten will, noch kann.

Es wird also vorher überprüft, ob ein Beitrag oder Bericht gesendet wird oder eben nicht. Die alternativen Medien dagegen senden „frei“.

Sie wollen sich unabhängig machen von Steuerungsprozessen, was übrigens analog zu Filmen und Dokumentation steht, da auch diese dramaturgischen und konsumierbaren Prinzipien gehorchen müssen. Wenn nun aber die alternativen Medien die Medien überprüfen oder kritisch betrachten, wer überprüft dann die alternativen Medien bzw. garantiert, dass diese nicht ebenfalls (ästhetischen) Prinzipien oder Selektionen unterliegen. Aber landen wir hier nicht in einem infiniten Regress? Dies wird auch das Problem am Ende dieser Arbeit sein und bleiben (und nicht nur dieser): Alle Medienkritik kritisiert die Medien selbst über Medien – ob Literatur, YouTube oder filmische Beiträge, Medien rekurrieren immer auf sich selbst.

Diese Arbeit sieht sich dennoch auch als Kampfansage an die modernen, technischen Medien, mit dem Ziele darauf aufmerksam zu machen, was moderne Medien wirklich sind, eigentlich dahinter steht, drauf aufmerksam zu machen, welche potenzielle Gefahr von ihnen ausgehen kann, aber nicht muss und vor allem darauf aufmerksam machen, dass man sich eine skeptische Grundhaltung erhalten sollte, um sich die kritische Urteilskraft unterhalten zu können, also das, wofür Philosophie m. E. auch eigentlich stehen sollte. Dennoch soll die Technik nicht diabolisiert werden, sondern lediglich ins Bewusstsein rufen, dass unser Umgang mit ihr teilweise sehr kritisch bedacht werden kann, sollte und auch muss – so wie Heidegger es auch verdeutlichen wollte

 

„Aber jeder einzelne von uns, an und für sich ein Nichts, ist für einen unnennbar kurzen [12] Augenblick, eine Lebensdauer, in dieses Gewimmel hineingeworfen. (…).

Dieser Kampf ist das Leben, und zwar im Sinne Nietzsches als Kampf aus dem Willen zur Macht, grausam, unerbittlich, ein Kampf ohne Gnade.“[10]

 

 

 

 

 

 

 



[1] Rezension von Yannick R. Julliard, Siemens AG zu G. Gamm, A. Hetzel (Hg.), Auf dem Weg zu einer medialen Konzeption der Technikphilosophie – Konzepte, Unschärfen und Unbestimmtheiten, Bielefeld, (https://www.itas.fzk.de/tatup/062/jull06a.htm (Stand: 15.02.2013 [18 Uhr 19]), S. 1.

[2]Die Gemeinsamkeiten von Internet, Strom und Geld werden noch genauer von mir erläutert.

[3]Im Sinne von T. Elsaesser (Motion = Emotion), Tales of Sound and Fury. Wien, 1994.

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[4]Also z.B. das Bestellen bei einem Shoppingsender, die Umwandlung des Lichtbildes in einen faktischen Gegenstand durch eignen Willen, eigene Aktivierung.

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[5]Gemeint sind z. B. Bahnhöfe: Begriff nach der Theorie von Marc Augé.

[6]Hier spiele ich auf den für mich wichtigen Aspekt der Realitätsgestaltung durch Technik an. Ein besonders gutes Beispiel dafür ist die Dokureihe Unsichtbare Welten, BBC/Discovery Channel co-production, 2012). Aber auch die Geschichte zeigt, z.B. am Strukturalismus, durch die Erfindung oder Entdeckung der Chemie, wie Innovation das bestimmt, was unsere Realität bildet. Realität ist nichts Statisches. Man be-denke auch die Entdeckung des μικρό-Kosmos, durch das Mikroskope und des μακρό -Kosmos, durch das Teleskope.

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[7]Wobei man hier sagen muss, dass auch schon der ganz kleinen Lokalzeitung, eine Ablenkung inne wohnt.

[8]Begriff von Adorno, vgl, Ästhetische Theorie.

[9]Thomas Wieczorek, Die verblödete Republik: Wie uns Medien, Wirtschaft und Politik für dumm verkaufen, Taschenbuch, Knaur, 2009.

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[10]Oswald Sprengler, Der Mensch und die Technik, Vor-Denker, Herbstedition, 2009, S. 6.

 

 

 

 

 

08.04.2013 20:53

Seit Jahrhunderten steht die Menschheit vor denselben Problemen, aber es passiert einfach nichts - es wird einfach nie was passieren; die Meisten haben keine Einsicht ...

 

"Wir müssen wieder lernen, die eigenen Glieder zu gebrauchen, uns in Kleidung und Lebensweise nach den Empfehlungen des väterlichen Brauchtums und nicht nach der neusten Mode zu richten. Wir müssen lernen, unserer Selbstbeherrschung zu steigern, den Aufwand einzuschränken, die Ruhmsucht zu zügeln, den zu mäßigen, ärmliche Verhältnissse mit Gleichmut zu betrachten, die Genügsamkeit zu pflegen, auch wenn sich die meisten schämen, natürliche Bedürfnisse mit einfachen Mitteln zu befriedigen, ungezügelte Hoffnungen und einen in die Zukunft schweifenden Gesit gleichsam in Fesseln zu halten; kurz: zu erreichen, daß wir den Reichtum mehr von uns selbst als vom Schicksal erwarten."

28.03.2013 18:10

Es ist ein kalter Morgen im November irgendwo im Osten Deutschlands.

6 Uhr: Ein polnischer Lkw nähert sich, erst schüchtern, dann immer forscher, einer kleinen Bäckerei an der Straßenecke. Bäckerei ist eigentlich der falsche Begriff. Denn diese "Bäckerei" bäckt kein Brot. Diese Bäckerei macht keine Torten - und Brötchen schon einmal gar nicht. Die Teigwaren aus Polen werden lediglich aufgebacken und dann verkauft. Der Preis ist gering. Die Qualität geringer. Man bezahlt für Luft und den Transport. Polen trifft allerdings keine Schuld. Der Auftraggeber in Polen ist ein Deutscher. Nun, neben dieser Verkaufs-Aufback-Bäckerei steht ein Familienbetrieb. Noch diese Woche wird er pleitegehen, da er seine eigenen Brötchen bäckt, auf Tradition wert legt und vor allem auf Qualität. Doch ein paar Stammkunden können die immensen Kosten nicht decken. Und Tschüss. Deutschland schafft sich ab.

Ein paar hundert Km weiter oben: Es ist noch kälterer Morgen irgendwo an der Küste.

5 Uhr. Ein Flugzeug bringt Krabben aus der Nordsee nach Afrika. Dort werden sie von Billiglohnarbeitern geputzt und gepuhlt. Dann werden die Krabben zurück an die Nordsee geflogen und landen den hellsten Kerzen auf der Torte + Touristen auf dem ach so nordisch-by-nature-kaltem, geflügeltem Fischbrötchen. Und Tschüss. Deutschland schafft sich ab.

Glauben Sie? Offensichtlich gibt es Deutschland gar nicht. Schauen Sie mal in ihren Personalausweis. Ein Staat hat kein Personal, sondern Bürger. "Deutschland" hat Personal, ist dem zu folge also gar kein Staat. "Wir" sind eine GmbH. Unterzeichnet haben wir übrigens selbst. Wer schafft jetzt hier also wen ab?

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